Preisträgerin: MAJA PETER
Der Studer/Ganz-Preis 2010 geht an Maja Peter für ihr Manuskript «Workout». Der Preis besteht aus Fr. 5000 und der Veröffentlichung im Limmat Verlag im Herbst 2011.
Eingegangen waren dieses Jahr bei der Studer/Ganz-Stiftung 38 Prosamanuskripte, aus denen eine siebenköpfige Jury den Text «Workout»auswählte. Die Autorin, Maja Peter (*1969), lebt in Zürich und Bern. Sie war in jungen Jahren Elèvin am Opernhaus Zürich, später Redaktorin bei der Weltwoche, bei Du, Sonntagszeitung und anderen Printmedien sowie Dramaturgin am Theater am Neumarkt. Um Zeit zum Schreiben zu haben, arbeitet sie heute 60 Prozent als Redaktorin beim Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund in Bern.
Im Prosatext mit dem Arbeitstitel «Workout»begegnen wir einer weiblichen Protagonistin in verschiedenen Lebenszusammenhängen: als Journalistin, als Arbeitslose, als Tochter, als Geliebte. Maja Peter gelingt es, die auf den ersten Blick lose zusammenhängenden Geschichten durch Verbindungen und Bezüge zu einem Ganzen zu verknüpfen. Die sprachliche Gestaltung, die ganz unauffällig einen tiefen Einblick in dieses Leben gewährt, überzeugte die Jury.
Der Studer/Ganz-Preis, ausgeschrieben für den besten unveröffentlichten Erstling einer Autorin oder eines Autors unter 42, wurde dieses Jahr zum dritten Mal verliehen. 2006 ging er an Simona Ryser für den Roman «Maries Gespenster», der 2008 auch mit dem Rauriser Literaturpreis ausgezeichnet wurde. 2008 verlieh die Stiftung den Preis an Roman Graf für den Roman «Herr Blanc», für den er 2009 den Mara-Cassens-Preis und 2010 den Förderpreis zum Bremer Literaturpreis erhielt.
Die öffentliche Preisverleihung fand am 2. Dezember im Literaturhaus Zürich statt. Die Laudatio hielt Kristin T. Schnider, die Autorin las aus ihrem Manuskript.
Laudatio von Kristin T. Schnider, Jurymitglied pdf herunterladen
Autorinnenporträt
Maja Peter wurde 1969 in Zürich geboren. Nach der Matur und der Ausbildung zur Tänzerin am Opernhaus Zürich wurde sie über einen Umweg Journalistin und arbeitete unter anderem bei der «Weltwoche», der «Sonntagszeitung» und bei der Kulturzeitschrift «Du» als Redaktorin. Mit 31 Jahren studierte sie an der Zürcher Hochschule der Künste Theorie der Gestaltung und Kunst und begann, mit literarischen Formen zu experimentieren. Nach dem Studium war Maja Peter Dramaturgin für zeitgenössisches Theater und Tanz am Zürcher Theater Neumarkt, danach arbeitete sie in der freien Theaterszene und als freie Journalistin und PR-Texterin. Es entstanden Theaterfassungen, ein Hörspiel und Lyrik. Mit 37 Jahren schrieb sie erste Prosatexte, von denen einige ausgezeichnet wurden. «Eine Andere» ist ihr erstes Buch. Werkbeitrag des Kantons Zürich 2012. Spezialpreis der Stadt Bern 2012. Maja Peter lebt in Zürich und Bern.
Lesungen/Auszeichnungen
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Buchdaten
Maja Peter. Eine Andere. Roman
Limmat Verlag, Zürich 2011
120 Seiten, gebunden
ISBN 978-3-85791-639-7
Inhaltsangabe
Mit dem Leben der vierzigjährigen Protagonistin verhält es sich wie mit ihrem Gesicht. Vertraut ist sie nur mit einzelnen Linien, und die harmonieren nicht immer. Sie fürchtet sich vor dem, was sie herbeisehnt. Sie mag keine Erinnerungsfotos und blättert doch im Album. Sie will sich schreibend Handlungsraum erobern, aber immer kommt das Leben dazwischen.
Wer ist die Frau, die sich einen anderen Vater ausgewählt hätte, auf dem Arbeitsmarkt als Nischenprodukt bezeichnet wird und das Glück für sich behält? In dem vielversprechenden Debüt «Eine Andere» fügen sich die Erzählsplitter zum Porträt einer rätselhaften Bekannten. Maja Peter erzählt eindringlich und schonungslos von Familie, unserer modernen Arbeitswelt und einer Suche nach sich selbst.
Textprobe
Jetzt muss sie. Eine Freundin schreibt ihr, «nur rasch, habe viel zu tun». Die Freundin macht sich Sorgen um sie: «Taucht im Lebenslauf auch nur die kleinste Irritation auf, bist du weg.» Sie weiß das. Sie hat die Lücken gefüllt, Umwege so kurz wie möglich gehalten.
Sie gibt ihr Bestes. Jedes Mal. Kürzlich wurde sie nach einem zweistündigen Bewerbungsgespräch auf einer Beratungsstelle für Hirnverletzte schriftlich getestet. Sie musste ein Marketingkonzept schreiben – was sie noch nie gemacht hatte. Die Befrager waren mit dem Resultat zufrieden. Und sagten ihr ab mit der Begründung, sie sei zu gut gewesen, zu souverän. Der Inhaber einer Werbeagentur studierte vor ihren Augen den Lebenslauf und verwickelte sie danach in ein Gespräch über ihre Einstellung zu Konsum und ihre Vorliebe für Lyrik. Zum Schluss sagte er, sie sei ein Nischenprodukt, er suche jemanden, der für die Massen texte. Sie war ihm dankbar. Die meisten sagen nicht, was sie denken. Sie gehen einen Fragebogen durch. Was sind Ihre Stärken und Schwächen? Wo sehen Sie sich in fünf Jahren? Und lassen sich mit den Antworten abfertigen, die sie mit dem Personalberater einstudiert hat.
Mit einem Nicken quittieren sie den Satz, sie sei an einer langfristigen Zusammenarbeit interessiert. Er scheint ihnen, zusammen mit dunkler Hose und heller Bluse, Diplomen und Zeugnissen, die Sicherheit zu geben, die sie suchen.
Sie selbst kann ihre Antworten nicht mehr hören, ihr Lächeln widert sie an. Sie will ihre Neugierde nicht verschweigen, Widersprüche nicht glätten.
© Limmat Verlag, Zürich
Jury
Miriam Hefti, Alexandra Kedves, Beat Mazenauer, Daniel Rothenbühler, Kristin T. Schnider, Liliane Studer, Martin Zingg
Moderation: Theres Roth-Hunkeler